Berg, Hügel, Tal und Felder
Ochs mit Rad |
Kurz nach dem Morgengrauen ist der Samstag noch leer in der Siedlung. Nur Waldi und sein Herrchen drehen wieder eine Runde. Ich mache ein paar Fotos. Die Nachbarn haben neben ihrer Wellblechlaube Gartenfiguren aufgestellt; vier Gartenzwerge, einer davon reitet auf einem Schwein, zwei Pudelhundefiguren, zwei Figuren von Schuljungen mit blau weiß gestreiften Pudelmützen und Lederschultornistern. Lustlos schlappen sie an einem Wintertag in die Schule. Der Fußballplatz hinter dem Abenteuerspielplatz ist schon lange verwaist. Die Melde hat sich prächtig auf dem Sandplatz entwickelt. Die Tore haben sich im Grün verloren. Am Zaun wächst der Hopfen deren Dolden taubetropft in der Sonne glänzen. Ich zerreibe eine zwischen den Fingern. Sie haben noch kein bitteres Aroma entwickelt. Damit gebrautes Siedlungsbier wäre mir zu süß. Auf einem Grünstreifen liegt ein leerer Pizzakarton der Lieferfirma Tele Pizza-die Genußbringer, Megapizza 38 cm. Zwei Fenster in der oberen Etage eines Reihenhauses in der Perleberger Straße sind weit geöffnet. Im Rahmen liegen zum Auslüften die Bettdecken der Bewohner zu bunten Stapeln aufgetürmt. Über die Straße gespannt eine Wimpelkette mit schwarz rot goldenen Wimpeln. Einige Wimpel hat der Wind mitgenommen und fortgeweht. Rechts und links schauen Bewohner, aufs Fensterbrett gelehnt, aus den Fenstern ihrer Schlafzimmer. Zum Mittag mache ich eine Gemüsesuppe. Als Deko und just for the taste ein in Streifen geschnittener Siedlungswiesenchampignon. Der Düssel folgend fahren wir nach Hochdahl. Dort machen wir ein Spaziergang durch das Neandertal. An unserer Seite der Architekt J.W.. Er hat in den späten 50er Jahren als Referendar bei den Stadtplanern des Bauamtes Düsseldorf gearbeitet. Er hat dort an der Planung vor allem des nord-westlichen Teils von Garath mitgearbeitet. Er weiß viel zu erzählen von Städte- und Siedlungsbau. Er weiß auch viel zu erzählen vom Neandertal. So berichtet er vom Namensgeber Pastor Johann Neander. Der viele Kirchenlieder komponiert hat. J.W. Singt: „Geh aus, mein Herz, und suche Freud, in dieser lieben Sommerzeit an deines Gottes Gaben; schau an der schönen Gärten Zier und siehe, wie sie mir und dir sich ausgeschmücket haben, sich ausgeschmücket haben.“ Ich stimme mit ein: „Die Bäume stehen voller Laub, das Erdreich decket seinen Staub mit einem grünen Kleide; Narzissus und die Tulipan, die ziehen sich viel schöner an als Salomonis Seide, als Salomonis Seide“. Meine Großmutter sang und summte es immer bei der Gartenarbeit. Wir haben sie damit begraben. Genau wie meinen Vater vor 6 Monaten: „Die Lerche schwingt sich in die Luft,das Täublein fliegt aus seiner Kluft und macht sich in die Wälder; die hochbegabte Nachtigall ergötzt und füllt mit ihrem Schall Berg, Hügel, Tal und Felder, Berg, Hügel, Tal und Felder“. Nach der Wanderung eine stärkende Brotzeit im Architektenhaus und Gespräche über Garath, die Architektur und die Kunst in der Stadt. Um 21:30h sind wir wieder in der Siedlung die friedlich daliegt. Aus einem Haus schallt Partymusik.