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Artists in Wittenberger Weg

Scheibe & Güntzel

Die Düngerin

Düngerin

Der große Regen ist schon am Morgen zu riechen. Zu der Kühle kommt eine latente Feuchtigkeit die uns an diesem Samstagmorgen Ende September in die Knochen steigt. Güntzel hat schon vor ein paar Tagen im leeren Aushangkasten die Altweiberspinnen gesehen. Wir gehen noch im Morgendunst durch die Siedlung. Wir haben zu arbeiten. In unserem Eimer ein Gemisch aus Kuhdungpallets (entkeimt) und gelber Senfsaat. Güntzel in rotem Kleid, die Absatzschuhe in der Hand, Sommerflipflops an den Füßen. Wir gehen bis zur hintersten Entsorgungsstatation. Dort wurde ein Baum gefällt, die Wurzel entfernt. Das Land liegt offen zwischen den Siedlungshäusern. Das Land wollen wir düngen. Vorbereiten für kommende Jahre, auf denen das Land gutes grünes Gras zu tragen hat. Die Milchmagd am Buchholzer Hof musste die Kühe melken und striegel, den Mist aus dem Stall befördern. Den Rinderdung mit schwerem Radlbock über die Bretter des Misthaufens balancieren und den Dung abladen. Nach der Ernte, wenn das Feld wo jetzt die Siedlung liegt, für die nächste Saison vorbereitete werden musste, musste die Magd mit aufs Feld um den Mist zu verteilen. Die Düngerin im roten Kleid und Absatzschuhen steht auf dem Stück offenen Land zwischen Siedlungsreihenhäusern, Entsorgungsstation und Bauschutt. Sie verteilt mit weiten theatralischen Bewegungen das Gemisch aus Kuhdungpallets und Senfsaat auf dem Boden. Der Herbstregen wird die Dungpallets auflösen und dem Boden die Nährstoffe zuführen. Der Senf wird angehen, Unkräuter unterdrücken, die Senfwurzeln werden den Boden auflockern, den Boden mit Nährstoffen anreichern. Im Frühjahr wäre das Land so perfekt vorbereitet für ein Gemüsebeet. Aber auch der Rasen der hier höchswahrscheinlich gesät wird wird ein dankbarer Aufnehmer der angereicherten Nährstoffe sein. Als wir am späten Vormittag gen Benrath ziehen um der rheinischen Tradition des samstäglichen Kaffeetrinkens zu fröhnen, kommt die Sonne nochmal aus der dichten Wolkendecke hervor. Wir können so noch einmal draussen sitzen. Wir stellen zwei Tische zusammen. Es hat sich eine Kaffeeverabredung angesagt. Ein paar letzte Wespen umschwirren den Apfelkuchen und knabbern am Stuten. In fast jedem Siedlungsgarten steht ein Grill. Manche Bewohner haben sich Schamottöfen gebaut, manche haben ihre Gasgrills unter Gasgrillabdeckhauben geparkt. Einige Siedlungsgrills sind Grillruinen, nur ein paar mal benutzt und dann über den letzten Winter vergessen und verrostet. A. kommt mit dem kleinen Dritt-, oder Viertgrill der Familie auf die Plaza gerollt. Wir haben Gemüse und ein Stück Fleisch gekauft. Ich befeuere den Grill mit Grillbriketts und flüssigem Grillanzünder. Eine Weile lodern lustige Flammen. Bald ist die Kohle durchgeglüht und wir grillen Allerlei auf heisser Flamme. Auf der Platte des zukünftigen Wiesencafés. Aus meinem Mittagsschlaf erwachend höre ich das Rollen der Autoreifen auf nasser Fahrbahn. Der Regen ist da. Mehr oder minder soll er bis zum Montagmorgen anhalten und die ersten ergiebigen Regenfälle seit Februar bringen. Bevor der Regen auf dem Waldboden ankommt mache ich mich auf den Weg in den Buchholzer Busch und sammele eine Rückenfuhre Brennholz. Ich binde sie mit gefundenem rot-weißem Flatterband und roten Kabelresten zusammen und hiefe sie auf meinen Rücken. So komme ich aus dem Wald wie der alte Mann auf Led Zepplin IV. Mit dem Brennholz werde ich morgen den mobilen Feuerofen anfeuern um darauf Haselnüsse zu rösten. Durch Regen und Dunkel fahren wir zum Kaufmann Albrecht Süd. Noch letzte Sachen für die Aktion am nächsten Tag zu kaufen. Es gibt kaum etwas trostloseres und gleichzeitig heimeligeres als ein Aldi Parkplatz an einem verregneten dunklen Herbstabend. Das gelborangene Licht der Straßenlaternen spiegelt sich im nassen Grau der Aldiparkplatzpflasterung. Die Aldiblaue Leuchtwerbung leuchtet kalt. Die Mülltonnen quellen über. Die letzten Käufer kaufen ihre Wochenendvorräte und laden Einkaufswagenladungen in ihre Autos. Sie setzten sich zuhause auf ihre Ikea oder Möbel Roller Sofas und entzünden Ikea- oder Möbel Rollerkerzen und essen von den soeben gekauften Aldispezialitäten.