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Artists in Wittenberger Weg

Scheibe & Güntzel

Nüsseknacken

Nüsse Knacken

Der Regen zieht durch die Nacht in den Tag. Dicke Tropfen prallen senkrecht auf Straßen, Bäume und Dächer. Der Wind ist im Süden geblieben wo er in dieser Nacht zahlreiche Bäume umgeworfen hat. Als ich aus der kleinen Residentenwohnung trete, die Treppe des Laubenganges herunter gehe, am Müllhäuschen Nummer 10 vorbei zum Kabuff des Wiesencafés, bin ich nass. Im Regen zerkleinere ich das gestern aus dem Wald geholte Knüppelholz in ofengerechte Stücke. Ich fühle mich in dieser archaischen Tätigkeit ganz bei mir. Zum Mittag wird der Regen heftiger. Damals, vor der Siedlung habe die Bauern ihn als willkommenen Landregen der die sandigen Felder nach der Ernte für das nächste Jahr tränkt willkommen geheißen. Wir stellen einen Tisch und zahlreiche Ulmerhockernachbauten in das graue Bushäuschen am Wittenberger Weg. Auf den Tisch legen wir eine Tischdecke, zwei Haufen Haselnüsse vom Siedlungshaselbaum. Dazu die 16 Nussknacker von Heinz. Ich montiere den Fleischwolf der zum Knacken in noch größerem Maßstab dienen soll. Ich bestücke den zwischen Tisch und Bushäuschenmülleimer stehenden Feuerofen mit gebrochenem Knüppelholz. Trotz des Regens bekomme ich das Feuer um Punkt zwei Uhr Mittags angezündet. Ich benutzte dazu ein paar Streichhölzer aus dem Erbe meines Vaters. Er hatte eine veritable Streichholzschachtelsammlung. Um das Feuer richtig in Gang zu bekommen braucht es allerdings ein paar Spritzer flüssigen Grillanzünder. Trotz des Wetters kommen ein paar Leute vorbei. Wir sitzen zusammen irgendwann zu neunt im Bushäuschen und knacken gemeintschaftlich Nüsse. Die Nüsse brenne und karamellisiere ich in der Feuerschale des Feuerofens. Oder ich fülle sie in Bügelflaschen, schütte ein wenig Zucker darauf und fülle die Flaschen mit Weinbrand und Korn auf. Jemand hat Nußplätzchen mitgebracht, jemand hat einen Nußkuchen mitgebracht. U. hat im Kabuff Kaffee gekocht. Dann und wann kommt ein Bus vorbei. Hält an und öffnet die Türen. Manche der Fahrer stieren ungerührt nach vorn, andere sind neugierig und freundlich. Mancher aus- oder einsteigende Siedlungsbewohner bleibt kurz stehen und fragt nach. Ein paar Stellen im Bushäuschendach sind verrostet. Der Regen rinnt durch manches Loch, läuft mir in den Kragen. Gut, dass das Feuer wärmt, mich, die Nüsse und die anderen. Als alle Nüsse geknackt, gebrannt und in Alkohol versenkt sind, nehmen wir die Hocker, den Tisch und den Ofen und verstauen alles wieder im Kabuff. Morgen früh fahren wir weiter.